Finnische Hochzeitsbräuche
Finnische Hochzeiten unterscheiden sich von den deutschen in erster Linie dadurch, dass Familie und Gäste eng in Vorbereitung und Umsetzung eingebunden werden. Dieses Jahr durfte ich die Bräuche und Rituale als Braut selbst miterleben. Der Junggesellenabschied Wer Trauzeuge bzw. Brautjungfer ist, hat einen sehr verantwortungsvollen Job übernommen, denn in Finnland wird meistens viel Hilfe bei der Vorbereitung und Organisation sowie eine Rede bei der Trauung erwartet. Auch die Planung des Junggesellenabschieds fällt in ihre Verantwortung: Sauna, Restaurantbesuch und/oder Picknick, mehr oder minder sportliche Spiele, ausgelassener Tanz und viele alkoholische Getränke sind feste Bestandteile. Neben dem Spass wird dabei auch gern in leichter Melancholie vergangener Tage gedacht – typisch Finnisch eben.
Die Braut kommt ins schwitzen
Eine Besonderheit gibt es bei den Frauen, denn während bei etwa 85-100 Grad Celsius in der Sauna geschwitzt wird, muss die Braut all ihre Verflossenen benennen. Für jeden Namen bekommt sie einen moderaten Hieb mit einem Birkenzweigbüschel verpasst. So gereinigt kann sie dann in die Ehe gehen. Ob es das gleiche Ritual bei den Männern gibt, ist ungewiss: Sie verraten kaum etwas. Die Vorbereitung der Hochzeit Dank der kurzen Sommer und der Tatsache, dass die meisten Finnen einen Teil der Feier gern nach draussen in die bei Letzterem muss allerdings für die Rechtsgültigkeit zusätzlich eine standesamtliche Trauung durchgeführt werden. In den meisten Fällen kommt der Standesbeamte oder die Standesbeamtin zum Ort der Hochzeitsfeier und vollzieht die Trauung bei gutem Wetter draussen. Im Magistrat selbst wird in Finnland selten geheiratet und dann eher als bürokratischer Akt nach der Trauung durch den Redner oder Friedensrichter.
Die Kosten der Hochzeit werden entweder komplett vom Brautpaar übernommen oder zu gleichen Teilen von dessen Eltern. In Finnland mag man den Blumenschmuck entweder klassisch mit Rosen oder natürlich mit bunten Wiesenblumen auf den Tischen. Die Braut leitet die anderen an, bevor sie sich mit ihren Brautjungfern in ihren Umkleideraum zurückzieht. Da es in finnischen Sommern Blumen und sattes Grün im Überfluss gibt, wird draussen normalerweise nicht dekoriert. Blumenbogen werden von Freunden mit Blüten und selbst geschlagenem Birkengrün geschmückt. Riten und Traditionen Unser liebstes Ritual war das Ringritual, dessen Ursprung nicht ganz geklärt ist. Zu Beginn der Zeremonie fordert der Redner, Standesbeamte oder Priester die Gäste auf, die Ringe des Brautpaares in die Hand zu nehmen und sie still mit guten Wünschen für dessen Zukunft zu segnen. Erst wenn alle die Ringe in ihrer Hand hatten, bekommt das Brautpaar sie zum traditionellen Ringaustausch. Die Ringe werden auf den linken Ringfinger, auf die Seite des Herzens, gesteckt, anstatt wie in Deutschland üblich auf den rechten. In unserem Fall führte das zu leichter Verwirrung am Altar, da ich den Ring an seine linke Hand und er ihn mir auf die Linke stecken wollte. In Finnland ist der Verlobungsring in den meisten Fällen auch der Ehering und wird nur umgesteckt. Der eine oder andere sturzbetrunkene Onkel oder Freund ist fester Bestandteil einer richtigen finnischen Hochzeit. Die Tradition des versteckten Schnaps begünstigt dies: Der Vater des Bräutigams und die Trauzeugen verstecken auf dem Gelände eine Flasche Schnaps – meist Wodka – und entführen möglichst unauffällig den Bräutigam und alle männlichen Gäste immer mal wieder zu einer heimlichen Verkostung. Den Brautstrauss besorgt traditionsgemäss entweder der Bräutigam, oder er wird, wie in meinem Fall, von den Brautjungfern am Hochzeitstag frisch gebunden.
Die Aufgabe der Braut ist es, die Sträusse für ihre Brautjungfern zu binden. Von Trauzeugen, Freunden und Verwandten werden kleine Aktionen organisiert, um alle Gäste in die Feier einzubinden. Feste Programmpunkte sind dabei in der Regel die Gestaltung eines Gästebuchs mit lustigen Polaroidfotos und kleinen Widmungen oder ein grosses Bild, das von allen gemeinsam für das Brautpaar gemalt wird. Ausserdem wird eine Kiste mit Wein und lauter Zetteln mit guten Wünschen vernagelt: Die darf vom Brautpaar erst nach dem verflixten siebten Ehejahr geöffnet werden. Die restlichen Bestandteile der Feier – das weisse Brautkleid, der gedeckte Anzug, der Tanz des Brautpaares, der Wurf des Brautstrausses und des Strumpfbandes, DJ oder Band und vieles mehr – ähneln den deutschen Bräuchen. Gegen 23 Uhr spielt sich die Feier meistens nur noch drinnen ab, da mit der Dämmerung auch immer mehr ungebetene Gäste – ausgesprochen blutrünstige Stechmücken – mitfeiern. Verschwindet das Brautpaar am Ende in seine Hotelsuite, zieht ein Grossteil der Gäste anschliessend noch gemeinsam weiter durch Bars, Kneipen oder Klubs. Nach den alten Hochzeitsbräuchen erhält die Braut nach der Hochzeitsnacht vom Bräutigam eine Morgengabe in Form eines Schmuckstücks. Das besondere Gemeinschaftsgefühl, das durch die finnischen Traditionen und Rituale bei den Gästen und dem Brautpaar aufkommt, macht den Tag nicht nur für die Frischvermählten zum besonderen Erlebnis und findet hoffentlich bald möglichst viele Nachahmer.